DM Braunschweig (Tag 2, Männer): Müller und Reuther gelingt Titelverteidigung, weitere Medaillen auf der Mittelstrecke durch Biederbick, Abele und Heinrich

  10.08.2020    Leistungssport Wettkampfsport

200 Meter: Das hat gepasst. Steven Müller (LG OVAG Friedberg-Fauerbach) Gelang auf der halben Stadionrunde eine erfolgreiche Titelverteidigung. Bereits in der ersten Runde hatte Müller als Sieger des dritten Vorlaufes trotz eines strammen Gegenwindes (- 2,1 m/sec.) mit der neuen Saisonbestzeit von 20,71 Sekunden angedeutet, dass er richtig gut drauf ist. Hauptkonkurrent Robin Erewa (TV Wattenscheid) war in seinem Lauf (bei Windstille) mit 20,72 Sekunden nahezu gleich schnell unterwegs. Elias Goer (Sprintteam Wetzlar) zog nach 21,06 Sekunden ebenfalls ins Finale ein. Im Endlauf kam es dann zu direkten Aufeinandertreffen von Müller und Erewa. Der Mann aus dem Wetterau-Verein setzte sich mit mit 20,79 Sekunden gegen den Wattenscheider (20,86 sec.) durch. Rang drei ging an Roger Gurski (LG Rhein-Wied/20,91 sec.). Elias Goer, 2019 in Berlin noch Dritter, musste diesmal nach 21,01 Sekunden mit dem ungeliebten vierten Platz zufrieden sein.

„Mit dem Titel bin ich zufrieden, mit dem Endlauf nicht so. Ich habe etwas Probleme im Beuger bekommen und war in der Kurve etwas verkrampft. Dadurch war der Lauf nicht so rund. Hinten raus wusste ich, ich bin gut drauf. Wenn ich im Vorlauf mit 20,71 Sekunden nach 150 Metern auslaufe, dann ist die Zeit bitter. Da war mehr drin. Um ehrlich zu sein, war die Titelverteidigung nicht das klare Ziel, sondern ich wollte mich überraschen lassen. Wegen Corona konnte ich nicht ganz richtig trainieren. Statt Schnelligkeit haben wir viel Technik und Ausdauer trainiert, Sachen ausprobiert. Ich darf mir von meinem Trainer sicher gleich anhören, an was ich noch arbeiten muss, damit eine Olympia-Teilnahme 2021 Wirklichkeit wird“, diktierte Müller den Kollegen von leichtathletik.de ins Mikrofon.

800 Meter: Dass gleich vier Hessen ins 800 Meter gestürmt waren, hat eher absoluten Seltenheitswert. Getoppt wurde dies dann noch durch gleich zwei Medaillen. Doch der Reihe nach. Marc Reuther (LG Eintracht Frankfurt) wollte seinen Titel von Berlin unbedingt verteidigen. Gegen Ende einer tollen Hallensaison, die er auch als schnellster Europäer beendete, zog sich Reuther bei einem Indoor-Meeting im französischen Lievin den Bruch des Unterarms zu. Die damit verbundene Zwangspause sowie die sich immer stärker ausbreitende Corona-Krise sorgten für eine nicht ganz einfache Vorbereitung auf die Freiluftsaison. In Braunschweig setzte sich Reuther gleich an die Spitze und schleppte das Feld in 53,32 Minuten über die erste Runde und gab die Führungsposition dann auch bis ins Zie nicht mehr ab. Eine starke Vorstellung. Auf der Zielgeraden wagte Christoph Kessler (LG Region Karlsruhe/1:47,44 min.) noch eine Attacke, die aber nicht erfolgreich war. Durch Dennis Biederbick (ebenfalls Eintracht) ging mit 1:47,51 Minuten auch die Bronzemedaille nach Hessen. Christian von Eitzen (Athletic Team Karben) kam als Vierter auf 1:48,45 Minuten und Oskar Schwarzer (TV Groß-Gerau/noch U23) komplettierte als Sechster (1:49,65 min.) das HLV-Quartett.

„Ich bin superzufrieden mit dem Sieg und dem Lauf. Er hat sich locker angefühlt. Nach der Verletzung war ich davor schon einen Ticken unsicher, Corona hat mich während der Reha schon beeinflusst. Nach der starken Hallensaison wusste ich, dass ich ordentlich was drauf habe. Genau wegen solchen Rennen wie heute habe ich mir auf dem Rad-Ergometer im Wohnzimmer den Arsch aufgerissen. Mit der Motivation konnte ich heute ein gutes Rennen abliefern. Ich bin zuversichtlich, dass ich wieder an die Leistungen aus der Halle anknüpfen kann“, so Reuther gegenüber leichtathletik.de. Bereits an diesem Freitag steht beim hochklassig besetzten Diamond-League-Meeting in Monaco die erste echte Bewährungsprobe für den Eintrachtler an.

1500 Meter: Auch auf der etwas längeren Mittelstrecke konnten sich die Hessen bestens in Szene setzen. Bereits nach den ersten Metern war hier schnell klar, dass es ein typisches Meisterschaftsrennen wird. Nicht Tempo, sondern Platzierung lautete die Taktik. Marc Tortell vom Athletic Team Karben führte das Feld in eher lockeren 66,09 Sekunden über die erste Runde. Auch die 2:15,96 Minuten bei der 800er Marke waren eher gemütlich. Bei 1200 Meter (3:18,81 min.) hatte sich dann Marius Probst (TV Wattenscheid) an die Spitze gesetzt. Dabei blieb es dann auch, denn der TVWler konnte sich nach 3:52,48 Minuten als deutscher Meister feiern lassen. Lukas Abele (SSC Hanau-Rodenbach) beendete das Taktik-Rennen mit 3:53,56 Minuten als Vizemeister. Marvin Heinrich (Eintracht) durfte nach 3:54,14 Minuten auf die dritte Stufe des Siegertreppchens klettern. Für Marc Tortell (Athletic Team Karben/4.) blieb mit 3:54,28 Minuten nur die blecherne Plakette.

400 Meter Hürden: Bei den Langhürden lief Joshua Abuaku (LG Eintracht Frankfurt) das Finale ziemlich zügig an und bog auch als Führender auf die Zielgerade ein. Doch dann schaltete Favorit Constantin Preis (VfL Sindelfingen) den Turbo ein, zog problemlos an dem Eintrachtler vorbei und trug sich mit 49,58 Sekunden in die Siegerliste ein. Auf den letzten Metern musste Abuaku dann auch noch Emil Agyekum (SSC Berlin) vorbeiziehen lassen, der auch noch unter 50 Sekunden blieb und in 49,78 Sekunden eine neue Saisonbestmarke auf der Habenseite verbuchen konnte. Abuaku sicherte sich mit 50,51 Sekunden den dritten Platz, blieb dabei aber etwas über seiner Jahresbestzeit von 50,24 Sekunden.

Stabhochsprung: Puh, das hatte sich Gordon Porsch wahrlich anders vorgestellt. Der Stabartist, seit Anfang des Jahres in den Farben der LG Eintracht Frankfurt unterwegs, konnte nach drei ungültigen Versuchen über seine Einstiegshöhe von 5,10 Metern die Stäbe wieder einpacken. Damit ereilte Gordon das gleiche Schicksal wie bei der letzten DM in Berlin. Ärgerlich, denn der Lehramts-Student hat es eigentlich drauf, sprang er doch vor ziemlich genau einem Jahr in Mannheim mit 5,61 Metern seine bis heute noch immer gültige Bestleistung. Besagte 5,10 m hätten für den Endkampf der Top-Acht gereicht. Schade, denn mit durchaus machbaren 5,40 Metern wäre man Vierter geworden. Bronze ging diesmal mit 5,50 Metern an Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken). Trainer-Vater Dietmar Porsch berichtet von einer Umstellung des Anlaufes, die noch nicht ganz verinnerlicht ist. Da fehlte noch eine ganze Portion Sicherheit. Daran soll in den nächsten Wochen noch gearbeitet werden, damit es mit ein paar „netten Höhen“ im September noch klappt. Eine beeindruckende Vorstellung lieferte Bo Kanda Lita Baehre (TSV Bayer 04 Leverkusen) ab, der mit überquerten 5,75 Metern eine neue „PB“ verbuchen konnte. Durch Thorben Blech (5,50 m) ging auch die silberne Plakette in die Farbenstadt.

Weitsprung: Einen schrägen Tag erwischte auch Gianluca Puglisi (Königsteiner LV). Der Weitspringer, der letzte Woche in Weinheim noch mit 7,82 Metern seine Bestmarke einstellte, schaffte mit Ach und Krach den Einzug ins Finale. Nach zwei ungültigen Versuchen gelangen dem Medizinstudenten gerade einmal 7,07 Meter. Im vierten Durchgang folgte dann eine leichte Steigerung auf 7,36 Meter. Das war es dann aber auch, da die beiden letzten Sprünge erneut ungültig waren. Bronze ging in Braunschweig mit bescheidenen 7,57 Metern an Bennet Finken (Hamburger SV). Selten gab es bei einer DM Edelmetall für eine Weite in diesem Bereich. Im vorletzten Durchgang sprang Maximilian Entholzner (LAC Passau) mit 7,96 Metern zum Sieg und stellte dabei seine Bestmarke ein. Favorit Julian Howard (LG Region Karlsruhe/7,70 m) musste mit der Vizemeisterschaft zufrieden sein. Zehnkämpfer Andreas Bechmann (LG Eintracht Frankfurt) markierte als Sechster mit 7,42 Metern eine Saisonbestleistung.

Im Hammerwerfen, mit dem Diskus, beim Kugelstoßen, über 3000 Meter Hindernis, im Hochsprung und mit dem Speer waren keine hessischen Vertreter im Einsatz.

erstellt von Text & Fotos: Jens Priedemuth